Mittwoch, August 03, 2005

Lobgesang auf Leibowitz

Ein weiteres Buch kann als von mir gelesen in den Schrank zurück gestellt werden: Lobgesang auf Leibowitz von Walter M. Miller jr.. Es behandelt ein in dem Genre Science-Fiction selten behandeltes Thema: Religion.
Das Buch wurde Ende der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts herausgegeben und enthält dafür unglaubliche Einsichten in die Zukunft. Miller schrieb das Buch zu einer Zeit, als es weltweit eine recht übersichtliche Anzahl von Computern gab und beschreibt in einer kurzen Nebenszene doch Probleme mit diesen, wie wir sie heute kennen. Aber das ist nicht der Kern der Geschichte.
In diesem Roman kommt es in den 60er Jahren eben doch zum Atomkrieg in der Welt und dieser und der darauf folgende radioaktive Niederschlag raffen nahezu die ganze Menschheit dahin. Die überlebenden erheben sich in einem einige wenige Generationen anhaltenenden "Vereinfachung" und rotten alle Wissenschaftler und Gelehrten aus und vernichten damit - beinahe - das Wissen der Menscheheit. Aber es gibt einen unter den Wissenschaftlern, Leibowitz, der einen neuen Orden gründet und mit diesem durch Buchschmuggel und -verstecken und durch Einprägen.
Die Erzählung des Buches beginnt ca. 600 Jahre nach diesem Ereignis und begleitet den Novizen Francis, der einen verschütteten Bunker von vor dem Krieg entdeckt, in dem Schriften von Leibowitz gefunden werden - einfache Schaltkreise für Radios und dergleichen - die aber letztlich zu einer Heiligsprechung des Leibowitz führen, der schließlich beim Bücherschmuggel erwischt Jahrhunderte zuvor den Märtyrertod erlitt.
Eine zweite Episode in dem Buch geht weitere 600 Jahre in die Zukunft, Francis ist schon Legende und das erneute finstere Mittelalter von damals neigt sich durch die Wiederentdeckung der Elektrizität durch einen der Mönche, der sich mit den Schriften Leibowitz' befasste, dem Ende zu. Wissenschaftler und Universitäten etablieren sich wieder und durch blutige Kriege wird das unter kleinste Fürstentümer aufgeteilte Land wieder vereint.
Die dritte und letzte Episode springt nocheinmal 600 Jahre in die Zukunft. Die Technologie ist weiter als wir heute, man kann mit Mühe sogar andere Systeme von nahen Sternen besuchen, dies machen aber nur kleinste Siedlergruppen. Auf der Erde ist es wieder so, wie es vor dem ersten Atomkrieg war: zwei atomar bewaffnete Supermächte stehen sich feindlich gegenüber. Und es kommt tatsächlich zu einer solchen Explosion, deren genaue Ursache aber im Dunkeln bleibt und jede Seite der anderen vorwirft. Verstrahlte kommen so auch in das Kloster des heiligen Leibowitz, daß die Jahrhunderte übertrotze und in dem immer noch Mönche ihr Leben verbringen. Besonders interessant fand ich ein Gespräch des Abtes dieses Klosters mit einem Arzt, der die Verwundeten untersuchen soll und rote Scheine ausstellen darf, mit ein lebensgefährlich Verstrahlter den Freitod in dafür hergerichteten staatlichen Anlagen wählen darf. Darüber bricht ein Streit zwischen dem Abt und dem vermutlich atheistischen Arzt aus. Darüber sinniert der Abt danach zu einem seiner Mönche:
"'Du hast gehört, was er gesagt hat? Schmerz ist das einzige Böse, das ich kenne. Du hast es gehört?' Der Mönch nickte ernst. 'Und die Gesellschaft ist die einzige Instanz, die entscheidet, ob eine Handlung falsch oder richtig ist? Hast du das auch gehört?'
'Ja.'
'Liebster Gott und Herr, wie sind bloß diese zwei Häresien nach so langer Zeit wieder in der Welt aufgetaucht. Die da unten in der Hölle leiden an beschränkter Fantasie.'
"
Es endet, wie es enden muß: "Luzifer ist gefallen!", Atombomen zerstören die Welt in einem zweiten Nuklearkrieg. Doch gerade noch in dem Moment startet eine Delegation dieser Abtei zu den fernen Siedlern bei Alpha Centauri.

Miller hat ein unglaubliches Gespür für die katholische Religion und gibt dem Roman dadurch sehr viel Tiefe und Realismus. Allerdings sollte man auch etwas Latein können, denn manches läßt er unübersetzt. Es gibt einem auch ein wenig Verständnis dafür, warum manches so lange Zeit braucht, und wieso ein Mönch ein ganzes Leben dafür Geduld hat, nur einige wenige Bücher abzuschreiben um sie für die Nachwelt zu bewahren.

Unbedingt lesenswert, vielleicht auch gerade für die, die von modernem Klostertum sprechen.

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Comments:
Mit dem behandelten Thema Religion wollte ich nicht sagen, daß es nur darum geht, keineswegs. Aber eben erstaunlich zentral für SciFi.

"Ein Hohelied für Leibowitz" heißt die Fortsetzung im Deutschen und liegt schon auf meinem Nachttisch.
 
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