Donnerstag, Februar 17, 2005

Erster realer Kontakt: Emerging Churches

Am letzten Wochendene waren meine Frau, Johannes und ich in Karlsruhe.
An diesem Wochendene besuchten wir jeden Tag das Kubik, für mich der erste Kontakt mit dieser Form von Gemeinde. Schlagt mich nicht, wenn ich falsch liege, aber ich denke, man nennt das eine Emerging Church.
Ich fand es total genial und entspannend, dort teilnehmen zu können und zum Beispiel auch gleich, ohne das man mich irgendwie kannte, am Poetry Abend Machtwort etwas von mir vorlesen durfte.
Was fiel mir auf?
Bitte, ärgert euch nicht, falls irgend etwas von mir nicht das trifft, was eigentlich anders gedacht ist, oder ich etwas falsch verstanden habe oder ich auch mal eine Kritik übe, ich berichte aus meiner Sicht, was ich so verstand und empfand.
Erst mal war es nichts ganz neues. Ich war schon in so vielen Gemeinden und habe jetzt keine Elemente gesehen, die so ganz abgehoben und anders waren, als es je einer gemacht hat. Ist vermutlich auch gar nicht die Intension irgendwas anders zu machen, klar. Ich meine das nur manchmal zwischen den Zeilen zu vernehmen, wenn ich so manchen von Emerging Church schwärmen höre.
Der Gottesdienst am Freitag Abend war sehr gemischt. Es funktionierte wohl nicht alles so, wie es sollte. Der Lobpreis wurde auch sehr unterschiedlich aufgenommen. Johannes beschrieb es als unglaublich gut, meine Frau konnte damit wenig anfangen. Es war ihr zu wenig gemeindschaftlich, zu sehr selbstkonzentriert pro Person. Ich fand zwar die Musik obergenial und würde da sofort ne CD von kaufen, fand mich dadurch aber auch nicht besonders in eine Lobpreis- und Anbetungsstimmung versetzt. Macht aber nix, ich vertrete ja die Meinung, daß dies vor allem ein persönliches Ding ist, ob man da rein kommt, und nicht zu sehr von dem äußeren Stil abhängen sollte.
Der vermutlich die Gemeindschaft fördern sollende Effekt des Zeigens des Videos von den Anbetenden funktionierte ja leider nicht. Das hätte die Leute durch das Erkennen der göttlichen "Inkarnation" in den anderen vielleicht mehr zu einer Gemeindschaft gebracht? Oder empfanden den Mangel daran nur manche so, weil sie dem Kreis eben nicht vertraut genug sind?
Die Installationen danach fand ich sehr gut, Lobpreis und Anbetung auf andere Art auch für mehr Sinne als Hören und Sehen.
Interessant finde ich selbst als langjähriger Kindermitarbeiter, wie ähnlich dies von den Prinzipen her dem ist, was man schon lange in Kindergottesdiensten umsetzt (oder versucht umzusetzen). Nicht daß der GoDi im Kubik für Kinder gewesen wäre, nein, aber dieses alle Sinne ansprechen auch mit Bildern, Vergleichen, Aufbauten. Das Herauslocken aus der Reserve der Teilnehmer durch Anstiftung zur aktiven Teilnahme an den Stationen, usw. Also eine Umsetzung von ähnlichen Prinzipien für Erwachsene durch eine ganzheitiche Sicht auf den Menschen wie eben im Kindergottesdienst.
Das Paar, bei dem wir übernachten durften war in einer ganz anderen Art von Gemeinde, einer Brüdergemeinde. Interessant war nun die Ähnlichkeit der freundlichen Aufnahme von Gästen und der gemeinsamen Art der Form der Leitung. Das was Mark mir beschrieb, was sie Taktell nennen, wie sie eben letztlich eine Art klösterlichen Stil auf die heutige Zeit umgesetzt anwenden und dadurch von einer hierarchisch gesteuerten Ordnung weg zu einem organischen Handeln kommen begesiterte mich. Es erinnert an die Prinzipen, die Joitchi Ito in dem vor allem von ihm geschriebenen Papier Emergent Democracy beschrieb. Und als am nächsten Morgen unser Gastgeber von seiner Gemeinde erzählte, der die beiden sich letztlich anschlossen, weil sie dort am wärmsten Aufgenommen wurden, da erinnerte mich das in den Brüdergemeinden angewendete gemeindschaftliche Leitungsprinzip eben auch genau da ran. Ist es nicht interessant, wie der Leib Christi an ziemlich anderen Enden solche Ähnlichkeit zu sich selbst aufweisen kann?

Diese Woche hatte ich schon zwei kleinere Konferenzen hinter mir, beides mal war mein Team auf der Arbeit der Veranstalter. Montag Abend saß ich mit ein paar Kollegen in der Kneipe und wir schwatzten etwas über die heutige Zeit und die Informationsflut, die auf den Menschen einströmt, und wie man das verarbeiten kann. Ein Kollege hatte sich schon vor längerem überlegt, daß es wohl irgendwann wieder so etwas wie ein Kloster geben würde, in dem das Wissen für die Menschheit aufbereitet und für andere zugänglich gemacht würde, nur eben zeitgemäß für heute.
Ein Thema, was ja auch in vielen Science Fiktion so umgesetzt wurde (z.B. im Foundation-Zyklus oder in der Babylon 5 Folge In hundert Jahren, in Tausend Jahren).

Ich liebe so nahezu unzusammenhängende Gedankenfetzen, ich hoffe ihr konntet mir folgen.

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Comments:
Witziger Vergleich mit dem Kindergottesdienst. Das wird bestimmt noch manchmal in der Kritik kommen. Wenn man das Pädagogen erzählt, was die neue Form der Kirche ist, kriegen sie vor Rührung fast Tränen in den Augen.
 
Als in Brüdergemeinden aufgewachsener Mensch kann ich versichern, dass das leitungssystem der Brüdergemeinden wenig mit dem Leitungsgedanken der Emergence Theorie zu tun hat.
 
anonymous: Ich möchte es ja absolut nicht als negative Kritik sehen, mir fielen einfach nur die Parallelen auf.
"Neue Form der Kirche"? Glaubst du die Emerging Church bewegung verdrängt die Kirche in ihrer heutigen Form?
Wer bist du eigentlich?

Josha: Gut, danke!
Als die Brüdergemeinden gegründet wurden war diese Emergence Theorie ja auch noch weit in der Zukunft. Ich sehe das eher andersrum, daß diese Theorie die Führung auf eine bestimmte Art sieht, wie sie auch in der Vergangenheit in manchen Communitys existiert haben mag Oberflächlich betrachtet entdeckt man eine gewisse Ähnlichkeit. Nicht-hierarchische und trotzdem funktionierende Strukturen gibts nicht so viele.
Vielleicht kannst du ja mal einen Beitrag über die Unterschiede schreiben?
 
Die Leitungspraktiken der Brüdergemeinde sind ebenso hierarchisch, wie andere auch. Klar- es leitet nicht ein Mann an der Spitze, sondern mehrere. Jedoch wird dies alles sehr hierarchisch praktiziert. Der brüderrat stellt dieselbe Zentralisierung wie in jeder Gemeinde dar. Davon bewegt sich aber emerging church sehr weg.
 
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